Ikebana - die japanische Kunst des Blumenarrangierens

Von Keisai, Schülerin der Sogetsu Ikebana Schule, Tokio, Japan

ins Deutsche übertragen von Irene Schellner


Wie dekorieren wir unsere Zimmer oder Wohnungen für festliche Anlässe oder besondere Besuche? Mit Blumen.

Genau wie Menschen im Westen schmücken auch Japaner ihre Häuser gerne mit Blumen. Allerdings gibt es in Japan eine ganz spezielle Form des Blumenarrangierens nach festgelegten Regeln: das Ikebana (bedeutet wörtlich „lebende Blumen“).

Die Anfänge des Ikebana in Japan reichen über 500 Jahre zurück. Priester in Kioto begannen damit, Blumenarrangements für buddhistische Zeremonien im Tempel zu benutzen.

Allerdings war die Art des Blumenarrangierens damals noch weit entfernt von einer eigenständigen Kunstform. Seit der sogenannten Edo-Zeit (benannt nach der damaligen Hauptstadt Edo, dem heutigen Tokio) vor circa 200 Jahren wurden Blumenarrangements insbesondere unter den wohlhabenden Schichten der japanischen Gesellschaft sehr beliebt und die Techniken des Blumenarrangierens wurde immer mehr perfektioniert. Die ersten Schulen für Ikebana entstanden.

Im Lauf der Zeit wurde Ikebana zu einem Pflichtfach und Teil der Ausbildung junger japanischer Frauen, die sich auf ihr Leben als Ehefrauen vorbereiteten, um ihr Haus für festliche Anlässe jeder Art mit Blumen dekorieren zu können.

Auch heute gibt es in Japan eine Menge verschiedener Schulen des Blumenarrangierens. Ikebana ist mittlerweile zu einer eigenen Kunstform geworden.

 

Werkzeug zum Blumenarrangieren

Ikebana ist eine spezielle Art des Blumenarrangierens, für die man auch spezielles Werkzeug und Zubehör verwendet. Einige Beispiele finden sich z.B. im Webshop der Sogetsu Ikebana Schule: http://shop.ran-sogetsu.com/html/info.htmlSogetsu ist eine Ikebana-Schule, die 1927 von Teshigahara Sofu (1900-1979) gegründet wurde, und sich auch außerhalb Japans großer Beliebtheit erfreut, weil ihre Regeln dem Anfänger größere Freiräume der Gestaltung einräumen. (http://www.sogetsu.or.jp/e/)

(1)  Kenzan

Spezielle Hasami Schere, deren Schneiden aus Stahl sind und hohe Schärfe aufweisenDer Kenzan oder Blumenigel besteht aus einer Bleiplatte mit Messingnadeln und ermöglicht es, Blumen aufrecht stehend in einer flachen Schale zu arrangieren, indem man die Stiele der Blumen in die Messingnadeln steckt und so fixiert.

(2)  Hasami (Schere)

In vielen Fällen werden in Ikebana Arrangements auch Zweige oder dünne Äste verwendet. Mit der speziellen Hasami Schere, deren Schneiden aus Stahl sind und hohe Schärfe aufweisen, können auch härtere oder dickere Stängel und Zweige beschnitten werden

(3)  Vasen und Wasserbehälter

Gerne werden für Ikebana Arrangements flache Wasserbecken, sogenannte „suiban“ benutzt, aber auch tiefere Vasen kommen zum Einsatz.

 

Moribana und Nageire – die wichtigsten Formen der Ikebana-Arrangements

Werden die Blumen mit Hilfe eines Kenzans in flachen Wasserbecken arrangiert, spricht man vom Moribana-Stil. Moribana bedeutet wörtlich: „aufgehäufte Blumen“. Dies ist ein weitverbreiteter Stil in der japanischen Blumenkunst. Die Nadeln des Kenzan oder Blumenigels werden dazu benutzt, die Blumen zu fixieren und positionieren.

Naga-ire (bedeutet wörtlich: „hineingeworfen“) ist ein formloserer Stil bei dem kein Kenzan verwendet wird und die Blumen üblicherweise in Vasen oder tiefen Wasserbehältern arrangiert werden. Hier verwendet man kleine Zweige oder Draht, um die Blumen in der Vase in Position zu halten.

 Moribana-StilNageire-Stil


Ausdrucksformen

Ausgangspunkt für das Blumenarrangieren ist normalerweise ein Stil namens „Kakei“, wo die Ausdrucksform vorgegeben ist. Hier hat jeder Zweig und jede Blume einen fixen Winkel, fixe Länge und fixe Ausrichtung. Dieser Stil wird besonders für Anfänger empfohlen, weil er immer zu einem klassisch-schönem Blumenarrangement führt.

Andererseits ist ein freier Stil des Blumenarrangierens künstlerischer und für viele Leute ansprechender. Beim Freestyle Blumenarrangement gibt es im Prinzip kaum Regeln. Aber auch wenn es keine Regeln gibt, so sollte man doch ein gewisses Thema im Kopf haben, wenn man die Blumen arrangieren will. Dies lehrt insbesondere die Sogetsu Ikebana-Schule, die die modernste Richtung des Blumenarrangierens verfolgt. (http://www.sogetsu.or.jp/e/).

Wenn beispielsweise das Thema „Wasser sichtbar machen“ vorgegeben ist, müssen die Blumen im Suiban (dem flachen Wasserbecken) so arrangiert werden, dass das Wasser im Behälter deutlich sichtbar ist, und die Blumen die Schönheit des Wassers widerspiegeln.

 

Und das Fazit?

Blumenarrangieren ist zwar eine Kunstform, aber trotzdem nicht schwierig zu erlernen. Wer Blumen und einen Wasserbehälter hat, kann sofort beginnen. Selbst wenn kein Kenzan zur Verfügung steht, kann man auch mit einem einfachen Blumensteckschwamm arbeiten. Die Harmonie des Blumenarrangierens direkt am eigenen Küchentisch! Einfach loslegen und die Entspannung und Freude der japanischen Blumenkunst erleben. Der Herbst bietet farbenfrohe Inspiration, und man muss seine Blumen und Zweige auch nicht unbedingt im Blumenladen besorgen.

Abschließend noch einige Beispiele. Die Fotos wurden freundlicherweise von Daniel Shalloe zur Verfügung gestellt und können auch als Kalender bestellt werden:


Wer sich für nähere Details zur Geschichte der japanischen Blumenkunst Ikebana interessiert, dem sei das kulturelle Informationsblatt des japanischen Generalkonsulats in Düsseldorf Vol 160 vom Juli/August 2009 empfohlen: http://www.dus.emb-japan.go.jp/profile/deutsch/japan_forum/japanforum.htm