Hallo zusammen
Ich habe eine Frage zu meinem Ficus Benjamini: Ich habe vor einiger Zeit meinen etwa 25 Jahre alten, "bunten" (also gruene Blaetter mit weissem Rand) Ficus Benjamini radikal beschnitten: Um genau zu sein habe ich einfach den gesamten Stamm etwa 5 cm ueber der Erde gekappt. Das Oberteil fristet mittlerweile ein neues Dasein als etwas huebscher gewachsene separate Pflanze, aber auch der Stamm ist wieder ausgetrieben. Und hier wird es etwas kurios: Aus dem Stamm sind mehrere Triebe ausgetrieben, einige davon sind vollblaettrig gruen, einer ist weiss-gruen wie bei der Originalpflanze, und der groesste Trieb ist vollstaendig weiss, mit einem minimalen Gruen-Schimmer.
Quasi eine Chimaeren-Pflanze mit einem Albino-Trieb.... Hat jemand mal etwas davon gehoert dass es so etwas gibt? Ist der gruen - weisse Ficus vielleicht eine Chimaere aus gruen und weiss und durch das Kappen des Stammes sind die Original-Teile der Chimaere separat ausgetrieben oder so etwas? Oder handelt es sich vielleicht gar um eine spontane Mutation? :)
Ich habe festgestelt dass der vollstaendig weisse Teil des Stammes anfaengt abzusterben sobald die gruenen Triebe zu gross werden, anscheinend bekommt die Pflanze mit dass der weisse Trieb nicht sonderlich produktiv ist (Da er ja fast kein Chlorophyll hat). Aber nachdem ich die gruenen Triebe ordentlich beschnitten habe treibt der weisse Trieb wieder gut aus. Interessant an dem weissen Trieb ist auch dass die Blaetter und der Blattabstand viel kleiner sind als bei den gruenen Trieben, das waere insofern ein idealer Kandidat um daraus einen Bonsai zu zuechten.....
Ich habe im Netz nichts zu weissen Ficus-Pflanzen gefunden, vielleicht kann mir hier jemand helfen?
Alles Gute
Bjoern
Hast du ein Foto von dem Baum? Hört sich interessant an.
Wie das entstanden ist, kann ich nicht sagen, aber zum Wuchsverhalten:
Wie du selber vermutet hast, erzeugt der weiße Trieb mangels Chlorophyll keine Energie (keine Kohlenhydrate). Er bekommt aber Wasser und gewisse Nährstoffe aus den Wurzeln, deswegen kann er austreiben. Wenn du nun die grünen Teile des Baums zurückschneidest und den weißen stehen lässt, passiert folgendes:
Der weiße Teil bekommt nun anteilmäßig mehr Wasser als wenn woanders die vielen grünen Blätter mitgetrunken hätten, gleichzeitig wird er hormonell zur "Baumspitze", da andere Spitzen abgeschnitten sind - deswegen treibt er weiter aus. Die benötigten Kohlenhydrate zieht er aus Reserven in Stamm und Wurzeln.
Die Blätter sind nur deswegen klein, weil sie nicht genug Resourcen bekommen um groß zu werden.
Wenn du versuchst ihn alleine als Bonsai zu pflanzen, wird er alle Energiereserven aus Wurzeln und Stamm aufbrauchen und dann absterben, da er selber keine Kohlenhydrate erzeugt um weiterzuwachsen.
Wenn du ihn am Hauptbaum dranlässt, wird er entweder so mitlaufen (als Parasit sozusagen), oder irgendwann absterben, wenn der Baum "merkt", dass von da nichts kommt. Der Baum verteilt ja seine Resourcen lieber an Äste, die möglichst viel Energie liefern (deswegen wachsen auch Äste, die volles Licht bekommen, stärker als Äste im Schatten).
Bei Wikipedia steht dazu was über somatische Mutationen, aber auch nicht sehr ausführlich https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fling#Wei.C3.9Flinge_bei_Pflanzen
Bemerkung am Rande, es gibt auch komplett weiße Pflanzen, die ihre Energie parasitisch aus anderen Pflanzen beziehen https://de.wikipedia.org/wiki/Vollschmarotzer
(Ficus zählt aber nicht zu diesen).
Hey bjoern_udo und willkommen im Forum!
Ich kanns dir aber erklären^^
Also für chlorophyllfreie Pflanzen gibt es zwei mögliche Ursachen die bekannt sind: chlorophyllfreie Blätter, Früchte und ganze Äste können Mutationen ganzer Chromosomen in der Pflanzenzelle sein die dann einfach durch Teilung weitervererbt werden oder es können Mutationen einzelner DNA- Stränge sein, die sich dann in Schüben in Generationen zeigen, zweite Möglichkeit sieht man häufig bei Variegaten Pflanzen ::)
Aber alle Formen und Mischformen haben eins gemeinsam, sie können nicht überleben, wenn sie nicht von einem grünen Teil mitversorgt werden, oder die Mutation so schwach ist, dass sich noch genügend Chlorophyll für die Photosynthese bildet. Deshalb gehören alle "Weißlinge" und stark variegate Pflanzen in die Hellsten Stellen, sonst gehen sie auf kurz oder lang ein.
Hättest du deinen Ficus richtig hell gestellt, denke ich nicht das du ihn hättest abschneiden müssen. Und was die Größe der Blätter angeht, das hängt auch einzig und allein mir dem Lichtmangel zusammen. Die Mutationen die zum chlorophyllfreien Teil einer Pflanze führen haben nichts mit der Größe zu tun. Die wird allein vom Licht beeinflusst.
Das bedeutet ganz einfach, dass dein Baum zu dunkel stand. Nach deinen ausführlichen Schilderungen ist das der einzige logische Schluss.
Im übrigen "merkt" der Baum garnix von wegen "der Ast bringt nichts ein"..... die chlorophylllosen Teile sind genauso langlebig wie die anderen Teile einer Pflanze. Diese Pflanzen sind dann ihrer Mutation voll und ganz ausgeliefert. Wird durch Meiose die Mutation immer mehr und mehr, kann es sogar vorkommen, dass der ganze Baum, Strauch oder Kraut darunter zugrunde geht.
Ein weiteres Phänomen von variegaten und weißen Pflanzenteilen ist ihre Anfälligkeit von schlecht gelüfteten, stickigen Räumen. Denn die Mutation für die weißen Blätter schlägt sich auch sehr sehr stark in der Fähigkeit nieder, den Gasaustausch zu steuern. Deswegen brauchen variegate Pflanzen auch immer viel Frischluft, sonst kommt es manchmal zu extremen Blattfall! Hab ich selbst schon von Arbeitswegen erlebt ::) :P
Ich hoffe ich konnte dir helfen. LG
Vielen Dank fuer die super Erklaerungen! Ich habe mal zwei Bilder von der Pflanze angehaengt. Ist (noch) keine Schoenheit, aber ich bin geduldig :). Wie ihr seht sind auch die "weissen" Pflanzenteile nicht voellig Chlorophyll-frei, sie entsprechen in etwa den weissen Raendern der "bunten" Blaetter, die auch nicht voellig weiss sind wenn man genau hinschaut.
Meint ihr der Chloropyll-Gehalt reicht um sie irgendwann "abzunabeln" und als eigenstaendige Pflanze weiterzupflegen? Ein sonniges Plaetzchen haette ich fuer sie, vorausgesetzt sie vertraegt ein wenig Heizungsluft. Ich glaube einen gemischtfarbigen Ficus werde ich auf Dauer nicht kultiviert kriegen, dafuer ist Ficus meiner Erfahrung einfach zu schlau.... ueber kurz oder lang ueberleben immer nur die produktivsten Aeste. Das ganze wuerde wohl solange gut gehn wie ich ihn optimal pflege, aber sobald er die ersten Blaetter verliert werden das immer die "weissen" Blaetter sein, so dass die mutierten Triebe irgendwann verkuemmern.
PS: Arbeitest Du irgendwie in der Pflanzenzucht, Tropenjunkie? Hoert sich sehr fundiert an was Du schreibst 8)
PS2: Der schneeweisse Redwood-Zweig hat schon was, ania :o Haette nicht gedacht dass sowas in freier Wildbahn ueberlebt....
Zitat von: TropenJunkie in 27. November 2017, 21:43:47
Im übrigen "merkt" der Baum garnix von wegen "der Ast bringt nichts ein".....
War falsch formuliert von mir. Was ich eigentlich sagen wollte, ist, grüne Äste werden schneller und besser wachsen, da sie sich ja selbst mitversorgen. Der weiße Ast wird auf lange Sicht immer kleiner bleiben als seine grünen Nachbarn, wenn man die nicht gezielt zurückschneidet. Bei der nächsten Trockenperiode (Urlaub, Gießen vergessen etc.) wird sicher der dünne Ast der erste sein, der abtrocknet.
Du kannst ja mal versuchen so einen (beinah) weißen Steckling zu bewurzeln. Ist ja nichts verloren. Ich würd ihn ans hellste Fenster stellen das du ihm bieten kannst.
Der Chlorophyllgehalt reicht aus. Die Mutation ist nicht ganz so stark ausgebildet, bzw noch nicht.
Bitte bitte nicht in diese Blumenerde-Pampe pflanzen. Der sieht sehr übergossen aus. Bevor der Ficus auch nur einen einzigen Tropfen Wasser bekommt, prüft man IMMER mit dem Finger ob im Wurzelballen schon trocken ist, wenn nicht wird gewartet, wenn ja dann kann man gießen.
Blumenerde ist immer zu verschneiden, oder von vorn herein sehr durchlässige und lockere, dabei gut humose Substrate verwenden.
Dann braucht ein Ficus einen ruhigen Platz mit viel Sonne und richtigen Düngergaben, egal welchen, die fressen alles.