Drosera - allgemeine Beschreibung

Begonnen von Limo, 04. Oktober 2006, 16:49:17

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Limo

Drosera, der Sonnentau
Familie: Droseraceae

Bei der Gattung Drosera ist die Blattoberseite dicht mit gestielten Drüsen, den so genannten Tentakeln besetzt. In der Regel sind diese Tentakeln rötlich gefärbt und jede einzelne wird von einem klaren, farblosen Schleimtropfen gekrönt, der in der Sonne glitzert wie Tau.

Nicht vor dem 18. Jahrhundert scheint die Fähigkeit der Blätter zum Insektenfang größere Aufmerksamkeit erregt zu haben. So ging der englische Naturkundler Erasmus Darwin (1791) noch davon aus, dass die Schleimausscheidung der Blätter vor Insekten schützt - eine verständliche Annahme, solange ein gegenteiliger Beweis nicht vorlag. Andererseits machte zur gleichen Zeit der amerikanische Reisebotaniker William Bartram schon die richtige Beobachtung, dass die Insekten offenkundig gezielt in die Falle gelockt werden, aber es war ihm nicht möglich, den Vorteil für die Pflanze daraus zu erklären. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an wurde der karnivore Charakter der Pflanzen mit immer größerer Sicherheit erkannt. Als Charles Darwin, der Enkel des oben genannten Erasmus, seine Untersuchungen an den Sonentau-Pflanzen abgeschlossen hatte, war der endgültige Beweis erbracht. Seine Ergebnisse veröffentlichte Charles Darwin im Jahr 1875 in seinem Buch "Insectivorous Plants".

Die Gattung Drosera ist ziemlich umfangreich. Heute sind über 90 Arten bekannt, denen wahrscheinlich noch einige jüngste Entdeckungen im westlichen Australien hinzugerechnet werden müssen. Sonnentau-Arten kommen auf der nördlichen wie auf der südlichen Erdhalbkugel - und zwar in den meisten Klimazonen - vor. Nahezu alle leben auf nährstoffarmen sauren Böden, normalerweise in Mooren. In Australien haben sich aber viele Arten entwickelt, deren Wachstum sich an wesentlich trockenere Standorte, die jahreszeitlich oder über einen längeren Zeitraum ausdörren, angepasst hat.

Die Arten variieren außerordentlich in Größe und Habitus. Die Blattspreiten schwanken in der Länge von 1,5mm und 60cm. Sie können einfach oder stark gegliedert sein, in einer bodennahen Rosette angeordnet, aber auch einzeln an langen oder sogar kletternden Stengeln. Die Oberseite ist mit Tentakeln ausgestattet. Die Wurzeln sind entweder faserig oder fleischig ausgebildet, oder aber der Spross geht aus einer Knolle hervor.

Die Blüten sitzen teilweise einzeln oder aber zu wenigen oder vielen an einem Stengel. Bei der einen Art beträgt ihr Durchmesser 2,5mm, bei der anderen fast 5cm. Normalerweise sind fünf Kronblätter vorhanden, und zwar in nahezu jeder Farbtönung von Weiß über Rosa, Purpur und Rot bis zu Orange und gelegentlich Gelb, je nach Art, Varietät und Form.

In der Regel sind die längsten Tentakeln rund um den Blattrand zu finden. Diese Tentakeln können sich gewöhnlich nur in eine Richtung krümmen, nämlich gegen die Mitte des Blattes, aber sie reagieren auf Reize rascher und bewegen sich schneller als die weiter innen im Blatt sitzenden Tentakeln. Somit sind sie besonders geeignet, das Entkommen größerer Insekten zu verhindern. Die äußeren Tentakeln sind in der Normallage nach außen gerichtet, mehr oder weniger in einer Ebene mit der Blattfläche und dabei leicht gebogen. Vom Blattrand nach innen nimmt die Länge der Tentakeln ab, während der Stellungswinkel zur Blattfläche immer steiler wird. Schließlich sind die Tentakeln in der Mitte des Blattes nur noch sehr kurz und stehen völlig senkrecht.

Eine Bewegungsreaktion kann durch verschiedene Reize hervorgerufen werden, z.B. wenn eine Tentakel leicht berührt wird oder ein winziges Gewicht wie ein Samenkorn darauf zum Liegen kommt, aber auch dadurch, dass irgendein fester oder flüssiger Nahrungsstoff an die Tentakel gerät. Falls die Tentakeln einmal veranlasst worden sind, sich umsonst oder über ein nicht verdauliches Objekt zu biegen, so bewegen sie sich gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück.

Die Tentakeln sind drüsenbesetzte Stiele oder "Haare" von einer recht komplizierten Struktur. Die eiförmigen Drüsen zeigen in der Regel eine rote Färbung, vor allem wenn sie der Sonne ausgesetzt sind, sogar dann, wenn alles andere am Tentakel grün bleibt. Sie sitzen aufrecht am Ende der Stiele, ausgenommen die äußeren Tentakeln einiger Arten, wo das Ende des Stiels zu einem kleinen "Löffel" verbreitert ist, in dessen Mitte sich die Drüse befindet.

Die Sonnentau-Drüsen unterscheiden sich von denen aller anderen karnivoren Pflanzen mit drüsig-klebrigen Blättern dadurch, dass sie drei verschiedene, gleichermaßen wichtige Funktionen haben. Sie produzieren nicht nur den Schleim, mit dessen Hilfe die Beute zunächst festgehalten und wehrlos gemacht wird, sie scheiden auch die Enzyme aus, die in Verbindung mit einer in dem Schleim enthaltenen schwachen Säure die gefangenen Tiere bis auf ihre Chitinteile vollständig auflöst. Schließlich sind diese Drüsen wesentlich daran beteiligt, dass die in Lösung gegangenen Nährstoffe von der Pflanze resorbiert werden. Diese letzte Funktion wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit, wenn auch nur in einem geringen Maße, nebenbei von winzig kleinen Haaren ausgeübt, die sowohl die Blattoberfläche bedecken als auch die Stiele der Tentakeln selbst.


Die Falle

Insekten, die sich auf der Mitte der Blattfläche niederlassen, bleiben an der klebrigen Drüsenflüssigkeit der dort befindlichen Tentakel erstmal hängen. Natürlich gibt es Insekten, die groß und kräftig genug sind, sich sogleich wieder von dem Blatt zu lösen, aber die meisten sind dazu doch nicht in der Lage. Sie strampeln verzweifelt umher und berühren und aktivieren dadurch die benachbarten Tentakeln. Auf eine bisher noch ungeklärte Art und Weise werden von dem Ort des Geschehens Signale durch das Blatt gesendet und weitere Tentakeln in Bewegung versetzt. Die Anzahl an Tentakeln, die auf diese Weise aktiviert werden, hängt ebenso von der Größe des gefangenen Tieres ab wie von dessen Widerstand. Die Pflanze reagiert also sehr gezielt und ökonomisch, indem sie immer gerade so viele Tentakeln einsetzt, wie zu einer sicheren Fixierung und Überwindung des Opfers notwendig sind.

Natürlich gehen nicht alle Insekten dem Sonnentau im Bereich der Blattmitte "auf den Leim", im Gegenteil, es ist eher umgekehrt, denn die äußere Drüsenzone ist umfangreicher und beim Fang effektiver. Jedoch könnte die Verdauung dort keinesfalls so wirksam vor sich gehen, weil dort längst nicht so viele Drüsen zur Verfügung stehen. Dieses Problem wird aber von der Pflanze sehr eindrucksvoll gelöst. Sobald ein Insekt irgendwo außen auf dem Blatt gelandet ist, kann man beobachten, wie sich die betreffenden Tentakeln nach innen krümmen und das erbeutete Tier langsam aber stetig ins Zentrum des Blattes befördern, wo es sicher aufgehoben ist und die Drüsen am zahlreichsten sind.

Der Drüsenstiel beginnt bei einem entsprechenden Reiz von Minute zu Minute um eine Winzigkeit in die Länge zu wachsen, und zwar fortlaufend von unten nach oben. Dabei strecken sich die Seiten des Stiels ungleichmäßig, die äußere mehr als die innere, so dass der Stiel auf diese Weise zu einer Krümmung nach innen gezwungen wird. Wenn später der Verdauungsprozess beendet ist, wiederholt sich dieser Vorgang des Streckungswachstums auf der anderen Seite des Drüsenstiels, der dadurch wieder in seine Ausgangslage zurückkommt. Da es für das totale Wachstum der einzelnen Tentakel eine Grenze gibt, kann die Bewegung des Krümmens und Rückkrümmens nicht beliebig oft stattfinden. Sie ist bei ein und derselben Tentakel in der Regel nur dreimal möglich.

Also ist ein ökonomisches Verhalten der Pflanze notwendig und wichtig. Eine kleine Mücke zum Beispiel, die sich an einer der äußeren Tentakeln niederlässt, kann allein von dem einen Schleimtropfen dort erledigt und von der einen Tentakel in die Blattmitte transportiert werden.

Bei vielen Arten ist es möglich, dass ein kleinerer oder größerer Teil des Blattes selbst sich eng über das gefangene Tier faltet. Anzeichen einer solchen Blattbewegung sind aber frühestens erkennbar, wenn das Opfer bereits überwältigt ist. Der gesamte Vorgang nimmt ca. 24 bis 48 Stunden in Anspruch. Es kann also trotz aller gegenteiligen Meinungen keine Rede davon sein, dass dieses Einrollen des Blattes etwas mit dem eigentlichen Beutefang zu tun hat. Der wesentliche Zweck liegt vielmehr eindeutig darin, dass auf diese Weise ein größerer Teil der Blattfläche und damit der Drüsen mit dem Insekt in Berührung kommt. So geht die Verdauung viel rascher und ergiebiger voran. Die Blattrollung tritt natürlich nur dann ein, wenn größere Tiere gefangen wurden.

Darüber hinaus hat diese Fähigkeit des Blattes einen weiteren, sekundären Nutzen. Es wird ein Schutz vor Regen gegeben und vermieden, dass die durch die Verdauung von der Pflanze gewonnenen Nährstoffe weggewaschen werden, ehe sie über das Blatt aufgenommen werden konnten.

Übt das Blatt irgendeinen Reiz auf seine Opfer aus? Nektardrüsen sind nicht vorhanden. Dafür könnten aber die strahlend hellen Schleimtropfen sehr wohl den begehrten Nektar vortäuschen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es einen für Insekten attraktiven Duftstoff gibt, den wir mit unserem Geruchsempfinden nicht wahrnehmen können. All das und anderes mehr sind Spekulationen, sicher ist aber, dass eine außerordentlich große Zahl von Insekten verlockt wird, sich auf den Blättern des Sonnentaus niederzulassen.
Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg!